Mit Lastenrädern von Hamburg nach Windischgarsten

“Lass dich nicht unterkriegen, sei frech und wild und wunderbar”

Astrid Lindgren

Sobald wir Windischgarsten erreicht haben, wollen wir in dieser prächtigen Blumenwiese unsere Arme ausbreiten und lächelnd zum Himmel blicken. Hinter uns werden dann 4-5 abenteuerliche Wochen auf Lastenrädern liegen und unsere Töchter und wir werden einzigartige Erfahrungen gemacht & Erlebnisse gesammelt haben. Selbst in diesen Zeiten bedarf es nicht mehr als etwas Kreativität, einer Prise Entdeckergeist und der richtigen Ausrüstung, um ein echtes Abenteuer direkt vor der Haustür zu erleben. Habt ihr Lust uns dabei zu begleiten?

Credit: Harald Illmer, hifoto.at

Wir werden voraussichtlich am 12. Juni 2021 vor unserer Haustür in Hamburg starten und erstmal ein kleines Stück die Elbe flussaufwärts fahren. Ausgestattet mit zwei Bakfiets Lastenrädern, ohne E-Unterstützung, aber mit ganz viel Unterstützung durch Globetrotter & ORTLIEB, wollen wir täglich um die 0-50 km abspulen und kreuz und quer durch Deutschland und Österreich radeln. Inga übernimmt die Inneneinrichtung für eines der Räder und erschafft so für Rosalie und Smilla ein fahrendes Kinderzimmer. Wir wollen uns von unserer Lust und Laune und unseren Töchtern leiten lassen und täglich aufs Neue entscheiden, bis wohin (oder gar nicht) wir heute fahren. Das hat in der Vorbereitung dazu geführt, dass wir unsere Route nur grob geplant haben und um ganz ehrlich zu sein, stecken wir noch mittendrinnen. Unterkünfte werden demnach auch nicht im Vorhinein organisiert oder Campingplätze reserviert. Zwischen Start und Ziel liegen ca. 1000km, die wir vor allem auf Radwegen und Schotterpisten abseits der vielbefahrenen Straßen absolvieren wollen.

Unser Familienzelt schlagen wir auf Campingplätzen oder in den Gärten von Gleichgesinnten auf. Das ein oder andere Mal fragen wir auch bei einem Bauern nach, ob wir nicht auf seinem Feld, im Stall oder auf dem Heuboden übernachten dürfen. Rosalies kleines Woom Fahrrad kommt ebenfalls mit, es wird am Lastenrad festgezurrt und sie kann damit so viel sie mag selber fahren. Mit weit geöffneten Augen und einer neugierigen Nase lassen wir uns durchs Land treiben, genießen dabei die Sonne und den Fahrtwind und sind gespannt auf die Abenteuer, die auf uns zukommen mögen. Oma, Opa und unzählige Tanten, Onkel, Cousinen/Cousins sollten uns schließlich Mitte Juli in Windischgarsten, genauer gesagt Rading, in Empfang nehmen.


Die neuesten Blogeinträge

  • Smilla Smutje
    Gerade ein Jahr alt geworden sticht sie mit uns in See. Pottwal kommt auch mit. Pottwal ist ein von der Oma selbstgestrickter Hase und überragt unsere Kleine um ein paar Zentimeter. Ich bin von dieser Besatzung nicht so ganz überzeugt, verfügen wir doch nur über begrenzte Ladekapazitäten. “Potzblitz!” höre ich ihn nur blubbern und mache ihm eine große Fahrradtasche frei.
  • Piratenkönigin Rosalie
    Würde Rosalie im frühen 18 Jhd. leben, wäre sie wahrscheinlich Teil der Crew des berüchtigten Piraten Edward “Blackbeard” Teach und würde mit ihm am laufenden Band Schiffe versenken. Ob unsere Bakfiets Koggen da mithalten können?
  • Inga
    Herausforderungen meistert sie auf eine bemerkenswerte Art und Weise. So benötigte sie zum Beispiel für die Geburt von Smilla, bei uns Zuhause im Badezimmer, keine Viertelstunde. Vor diesem Hintergrund erscheint dieses Abenteuer wie ein Sonntagsspaziergang. Dennoch hat das ganze einen Haken, will sie doch mit dem Lastenrad in die Berge, lehnt Funktionsbekleidung aber kategorisch ab.

Inspiration

Opa Tauni ist ein geradliniger Mensch, nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch im wortwörtlichen. Im Juni 2018 beschloss er uns in Hamburg besuchen zu kommen, natürlich mit dem Fahrrad. Da es auch aus dieser Richtung 1000km sind und er die kostbare Fahrzeit nicht mit Umwegen, über verkehrsberuhigte Radwege, verplempern wollte griff er sich ein Lineal und malte eine schnurgerade Linie zwischen Windischgarsten und Hamburg in einen alten Autoatlas (Maßstab etwa 1:800 000!) ein. Entlang dieser Luftlinie wollte er in den Norden radeln und so alles unwichtige beiseite lassen. Lokale Sehenswürdigkeiten zum Beispiel, die man erkunden könnte, wenn man stehenbleiben würde. Über die Relevanz vieler provinzieller Sehenswürdigkeiten lässt sich allerdings tatsächlich streiten, präsentiert doch mittlerweile jedes Kaff stolz, die Überreste frühgotischer Mauern. Auch wenn davon heute nur noch ein zart bewachsener Hügel übrig ist. Ich pflichte Opa Tauni also bei wenn er sagt, dass bei vielen selbsternannten Sehenswürdigkeiten gemütliche Bänke nur deswegen fehlen, weil es schlichtweg viel zu gefährlich ist, dass ständig Besucher einnicken, vorne überkippen und sich das Gesicht aufschürfen.

Ich schweife ab.

Am fünften Tag kam er in Hamburg an. Manchmal, wenn eine Straße die er genommen hatte doch zu stark befahren war, fluchte er und trat noch stärker in die Pedale. Im großen und ganzen blieb er seiner Linie treu und schien nicht unzufrieden mit der gewählten Strecke. Ich musste ihn überreden, doch wenigstens noch eine zweite Nacht hier bei uns zu verbringen, aber selbst die Hamburger Sehenswürdigkeiten sind für ihn so relevant wie die Martin-Luther-Kirche in Travenbrück. Es brannte ihm bereits wieder in den Wadeln und er musste los. Soweit ich weiß, ist er auch auf dem Heimweg nicht sehr stark von seiner Linie abgewichen und nach insgesamt 10 Tagen und 2000km war er wieder in Windischgarsten. 

Motivation

Die Idee zu dieser Reise kam uns kurz nachdem wir unser erstes Bakfiets im Sommer 2019 kauften. Wir sind gerne draußen und lieben das Reisen, so sind wir schon mal zu Fuß von Hamburg nach Meppen gewandert, haben mehrere Wochen in Andalusien verbracht, waren in Thailand oder sind auf dem Motorrad bis nach Murmansk gefahren. An der Idee zu dieser Reise haben uns mehrere Aspekt gefallen

  • Die besten Abenteuer beginnen oft dort, wo man sie nicht vermuten würde. Vor der eigenen Haustür zum Beispiel.
  • Alles, womit wir unsere Räder beladen, nehmen wir wieder mit nach Hause. Unsere Reise startet an unserem Wohnort, leichtfüßig sparen wir so eine Menge CO2 ein und lernen Deutschland & Österreich noch besser kennen.
  • Wir wollen unseren Töchtern zeigen, dass es sich lohnt neugierig zu sein, bekanntes Terrain zu verlassen und sich auf Neues einzulassen. Wir wollen mündige Menschen heranwachsen sehen, die mutig Entscheidungen treffen und ihre Heimat immer im Herzen behalten.
  • Einfachheit; gerade in diesen Zeiten von Corona und der vielen Einschränkungen. Wir wollen uns selbst und vielleicht der ein oder anderen Person, die das hier liest, Mut machen und inspirieren: Es  lohnt sich immer, die Hände fest an der eigenen “Lebens-Lenkstange” zu haben, besonders auf holprigen Pisten.

Darüber hinaus freuen wir uns am meisten auf die gemeinsame Zeit als Familie in der Natur. Auf die viele Lagerfeuer, auf das baden in Seen, auf keinen Fernseher, auf das endlose Zelt auf- und abbauen, auf das mit dem Gaskocher kochen und Schokoriegel zum Frühstück essen (OK, nicht zu oft). Wir freuen uns darauf den Elementen ausgesetzt zu sein und Wind, Sonne und Regen am ganzen Körper zu spüren. Da sich zwischen uns und der Umgebung keine Windschutzscheibe befindet, freuen wir uns auf die vielen Begegnungen ohne Berührungsängste. Wir empfinden es nicht als eine große Herausforderung, eher als ein Geschenk & großes Glück, dass wir dieses gemäßigte Abenteuer, mit Luft für Überraschungen und Unwägbarkeiten, gemeinsam erleben dürfen. Neben dem ‘in die Pedale treten’, ist die Langsamkeit des Reisens vermutlich die eigentliche Schwierigkeit. Ehe man sich versieht, beginnt man doch wieder Kilometer zu zählen, Fahrziele abzuwägen und tendiert schnell zu einer höheren Reisegeschwindigkeit. Hier setzen wir ganz auf Rosalie & Smilla als unser Korrektiv zur Verlangsamung. Wir haben sechs Wochen Zeit und diese Zeit wollen wir mit Erinnerungen füllen, die uns und unseren Töchtern ein Leben lang begleiten.